ÖIF-Startpaket: Brücken bauen in die neue Welt

Abbas Aulakh lebt seit 2022 in Österreich und ist das beste Beispiel für eine gelungene Integration über das Erlernen der deutschen Sprache. Nachdem er sein Heimatland Pakistan verlassen hatte, war zunächst alles ganz neu und fremd für ihn. Ein Deutschkurs im ipcenter, den er im Herbst 2022 absolvierte, öffnete für ihn das Tor in die neue Welt und zu seinem Traumberuf: Derzeit macht Abbas eine vom AMS geförderte Überbetriebliche Lehrausbildung zum Medienfachmann am ipcenter-Standort Breitenfurter Straße.

An diesem Tag ist es seine Aufgabe, für diesen Beitrag Fotos am ipcenter-Standort in der Erlachgasse zu machen. Zusammen mit zwei anderen Lehrlingen fotografiert er Josefa Koleva, die von allen kurz „Tedi“ genannt wird und die Abbas noch von seinem A2-Deutschkurs kennt, wo sie ihn damals unterrichtet hat. Ebenfalls ins rechte Bild rücken die Lehrlinge Mirjeta Shatri, die seit Juni 2024 das ÖIF-Startpaket im ipcenter leitet, ein Förderprogramm für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, das im Auftrag vom Österreichischen Integrationsfonds, kurz ÖIF, durchgeführt wird. Rund 7700 Menschen haben im Rahmen dieses Angebots schon Deutsch in der Erlachgasse gelernt und ihre Sprachkenntnisse anschließend im ÖIF-Prüfungsformat zertifiziert

Foto von Tedi Koleva und Mirjeta Shatri „Ziel ist es, die Teilnehmenden in Deutschkursen sprachlich und kulturell auf das Leben in Österreich vorzubereiten“, erklärt Mirjeta Shatri. Es geht also nicht nur um Sprachförderung, sondern auch um Wertevermittlung. Dafür stellt der ÖIF auf seiner Website viele Materialien zur Verfügung, die sich auch sehr gut für das Selbststudium eignen. Tedi, die seit 2018 als Deutschtrainerin im ipcenter arbeitet, hat schon viel Erfahrung in diesem Bereich gesammelt: „Ab dem Niveau A2 ist das Werte- und Orientierungswissen Teil der Lehrbücher und wird bei der Integrationsprüfung mit Hilfe von 18 Fragen geprüft, aber wir vermitteln diese Themen auch generell immer dann, wenn sie sich aus der Situation ergeben.“ Wenn zum Beispiel jemand im Sprachkurs von seinem letzten Job erzählt, nimmt Tedi das zum Anlass, um den Unterschied zwischen brutto und netto, einen Gehaltszettel und das Solidaritätsprinzip zu erklären. „Dass wir in Österreich Steuern zahlen und dafür Sozialleistungen bekommen, ist ein zentrales Thema im Werteunterricht“, erläutert Tedi. Andere wichtige Themen sind Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung sowie Meinungs- und Religionsfreiheit.

„Toleranz wird in unseren Kursen direkt erprobt“, meint Mirjeta Shatri. Schließlich kommen die Teilnehmenden aus ganz verschiedenen Herkunftsländern und gehören zudem ganz unterschiedlichen Altersgruppen an. Syrien, Afghanistan, Irak, Somalia und die Ukraine führen die Statistik an, und in den Kursen sitzen mitunter noch Minderjährige neben Menschen, die schon fast das Pensionsalter erreicht haben. Während manche von ihnen eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen akademischen Abschluss haben, sind andere primäre Analphabeten, haben also auch in ihrer Erstsprache weder Lesen noch Schreiben gelernt. „Wer seine Muttersprache nicht richtig erlernt hat, tut sich mit dem Erwerb einer Fremdsprache besonders schwer“, weiß Tedi. Wörter der neuen Sprache können dann nur mit Hilfe von Bildern gelernt werden und das Lernen schreitet langsamer voran.

Dass es nicht unmöglich ist, die schwierige Sprache Deutsch auch über die Grund- und Mittelstufe hinaus sehr gut zu erlernen, zeigt ein Kurs auf dem fortgeschrittenen Niveau C1, der gerade läuft. Ziel der Teilnehmenden ist es wie in allen anderen Kursen auch, die ÖIF-Deutschprüfung am Ende zu bestehen und im Anschluss den Sprung in Ausbildung oder Job zu schaffen.

Foto innerhalb des Deutschkurses Was aber, wenn die Sprache noch weitgehend in Dunkeln liegt und schon komplizierte Formulare und Anträge für das Leben in Österreich ausgefüllt werden müssen? Dann können die Deutschkurs-Teilnehmenden zu Ahmed Abou gehen. Der 28-Jährige kommt aus Ägypten, spricht also Arabisch und verfügt aufgrund eines Deutschstudiums zudem über hervorragende Kenntnisse in der Zielsprache. In seiner Rolle als Kulturlotse vermittelt er Neuankömmlingen nicht nur Werte und Regeln wie zum Beispiel die Kurs- und Hausordnung, sondern ist auch hilfreicher Ansprechpartner bei allen Problemen des Alltags. „Wir sprechen ja kein Arabisch, und viele Teilnehmenden sprechen kaum Deutsch und meistens auch kein Englisch. Da sind wir froh, dass uns Ahmed immer wieder eine Brücke baut, damit wir einander schneller und besser verstehen“, erklärt Mirjeta Shatri. Auch die rund 30 Deutschtrainer:innen im ÖIF-Startpaket wenden sich an Ahmed Abou, wenn sie Bedarf an Unterstützung haben.

Gruppenbild der Teilnehmer:innen„Ich habe in diesem Projekt gelernt, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten ist“, sagt Mirjeta Shatri. „Es macht mir Freude zu sehen, wie wir dazu beitragen, dass die Teilnehmenden hier in Österreich eine echte Chance auf Integration und berufliche Weiterbildung haben.“ Der angehende Medienfachmann Abbas Aulakh hat diese Chance ergriffen. Er weiß schon genau, dass ihn sein Berufsweg nach der Lehrabschlussprüfung im Februar 2027 in die Welt des Films führen wird: „Entweder in die Herstellung oder in die Post Production. Ich wollte immer schon etwas Kreatives machen, daher macht mir die Ausbildung großen Spaß.“

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