Künstliche Intelligenz: Hilfe ja, Heilsbringer nein
Was Künstliche Intelligenz (KI) kann und was nicht, war Thema beim jüngsten Tag der Weiterbildung, den die Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung jährlich in Wien veranstaltet. Auch Programierer:innen stellt die KI vor neue Herausforderungen. Coders Lab Austria bietet zertifizierte Kurse für die gängstigen Programmiersprachen sowie Ausbildungen zum:zur Software-Testerin an. Was die Existenz von KI für die IT-Ausbildung bedeutet, erklärt der technische Leiter Michael Lenzinger.
KI wird unser Leben, aber vor allem unsere Berufswelt von Grund auf verändern. Welche Arbeiten kann sie übernehmen, was kann sie vielleicht sogar besser?
Ich sehe die KI eher als Bereicherung und zielorientierte Unterstützung an, zum Beispiel kann eine KI dabei helfen, einen Code effizienter zu schreiben. Mit ihrer Hilfe können wir Programmier-Grundgerüste schneller und einfacher erstellen. Geben wir ihnen konkrete Vorgaben, ist die KI in der Lage, sprachspezifische Basiscodes und/oder funktionsspezifische Code-Schnipsel zu generieren. Unter anderem kann man mit ihrer Hilfe einfache Prototypen für diverse Anwendungen wie etwa Apps recht schnell zusammenbasteln. Eine ihrer größten Stärken ist zudem, dass sie aus immens großen Datenströmen in relativ kurzer Zeit sehr konkrete Lösungsvorschläge machen kann – aber nur mit der richtigen Fragestellung.
Wie kann KI die Arbeit von Programmierer:innen verändern?
Die KI kann mal grundsätzlich gar nichts, wenn man keinen konkreten Auftrag formuliert. Dies ist mittlerweile zu einer eigenen Berufssparte geworden, die sich „Prompt Engineering“ nennt. Das heißt, der Anfangsimpuls sollte schon von jemanden kommen, der weiß, was er oder sie will – also vielleicht von Programmierer:innen. Die KI kann zum Beispiel nicht kreativ, flexibel und spontan sein – gerade Kreativität kann sie nur aufgrund von historischen Daten nachahmen. Die Unterstützung, die sie uns geben kann, entspricht ganz generell einem nur sehr geringen Teil der menschlichen Bandbreite, der zudem nur im rationalen Bereich liegt.
Mit Hilfe der KI können Entscheidungsfindungen und Standardprozesse beschleunigt werden, sie ist in der Lage, uns Vorlagen im Coding- und Design-Bereich zur Verfügung zu stellen und uns sich wiederholende Aufgaben abzunehmen. Wir sollten uns bewusst sein, dass die KI bei ihrem Tun in der Regel eine immense Flut von Daten (Big Data) aus der Vergangenheit analysiert und aufgrund dieser Daten Prognosen für die Zukunft liefert. Das ist aus ethischer und datenschutzrechtlicher Sicht sehr bedenklich und bedarf immer einer menschlichen Endabnahme.
Warum werden Programmierberufe weiterhin wichtig sein? Wozu braucht es sie in Zukunft?
Die KI stößt schnell an ihre Grenzen, wenn es nicht mehr um einfache IT-Anwendungen geht, die einen gewissen Standard durch einen ausreichend analysierbaren Datenfundus aufweisen. Sobald es komplexer wird, sind Spezialist:innen notwendig, die für ihren Bereich innovative Wege beschreiten können sowie aufgrund ihrer Expertise Fehler frühzeitig erkennen und vermeiden. Die KI ist zwar sehr gut darin, Muster zu erkennen, Daten zu analysieren und Vorhersagen zu treffen, aber sie kann eben nicht kreativ sein, komplexe Probleme lösen oder gar ethische Entscheidungen treffen. Außerdem braucht sie immer noch Menschen, die sie programmieren, überwachen und verbessern. Programmierer:innen sind also nicht nur für die Entwicklung von KIs verantwortlich, sondern auch für die Vermeidung von technischen Schulden, die durch suboptimale Implementierung von Software entstehen können.
Wird es auch in Zukunft noch sinnvoll sein, Programmiersprachen wie Java, JavaScript, HTML oder Python zu lernen?
Ja, natürlich. Programmiersprachen sind Computersprachen, die Rechner mittels Algorithmen dazu auffordern, bestimmte Handlungen vorzunehmen. Es gibt Dutzende von Programmiersprachen, die verschiedene Schwerpunkte setzen. Einige sind für allgemeine Zwecke geeignet, andere für spezifische Aufgabenbereiche. Java gehört beispielsweise zu den am häufigsten verwendeten Programmiersprachen. Sie eignet sich für die System- und Anwendungsprogrammierung. JavaScript ist in der Webentwicklung gefragt, weil sich mit ihr dynamische und interaktive Webseiten erstellen lassen. Python wiederum ist für Datenanalysen und künstliche Intelligenz geeignet. Sie bietet viele Bibliotheken und Frameworks für die Verarbeitung von großen Datenmengen und die Entwicklung von Machine-Learning-Modellen an.
Kann nicht auch eine KI eine Programmiersprache lernen?
Ja, vereinfacht ausgedrückt, kann auch eine KI eine Programmiersprache lernen. Nur wer kontrolliert, was die KI am Ende ausgespuckt hat und wo die eventuell auftauchenden Unstimmigkeiten im Code dann zu finden sind? Ein Beispiel: Du wirst einer KI sagen können, dass sie dir eine Website programmiert, mit Subseiten, Login-Bereich, e-Commerce-Optionen und, und, und. Zum Schluss bleibt die Befüllung der Seiten und der Feinschliff bei dir als Programmierer:in.
Wie wird sich deiner Meinung nach die Wissensvermittlung mit und durch KI verändern?
Momentan liegt die Arbeitsveränderung bzw. -erleichterung eher im administrativen Bereich. Mit Hilfe von KI können wir Content schneller generieren sowie Arbeitsprozesse oder Organisationsprozesse schneller und effizienter gestalten. Der Vorteil bedeutet in diesem Fall, dass uns mehr Zeit und Muße für die Wissensvermittlung und die Kommunikation bleibt. Denn unterrichten kann eine KI zwar noch nicht, aber dabei helfen, den Unterricht vorzubereiten, sehr wohl. Darüber hinaus ist meine Empfehlung an Wissenvermittler:innen, sich jetzt schon Gedanken darüber zu machen, wie sie mit KI im Unterricht umgehen möchten, wie auch Teilnehmende KI verwenden können und dürfen, damit wir nicht überrascht werden wie dereinst vom Internet.
Das ipcenter vermittelt mit Erfolg Fachkräfte aus dem Ausland nach Österreich. Wie kann KI dazu beitragen, Probleme wie den Fachkräftemangel zu lösen?
Fachkräftemangel ist ein sehr weitgefasster Begriff. Das ipcenter vermittelt ja zum Beispiel Fachkräfte im Pflegebereich, das sind Tätigkeiten, die keine KI jemals ersetzen kann. Eine KI könnte aber sehr wohl helfen, eine anwender:innenfreundliche Datenbank mit unseren Coders Lab-Absolvent:innen zu programmieren, die wiederum dazu beitragen kann, Fachkräfte im Pflegebereich besser zu finden oder einfacher zu vermitteln. Die KI ist kein Heilsbringer: Der Mensch bleibt auch in Zukunft entscheidend, weil er eben entscheiden kann. Wir als Menschen müssen lernen, diese Technologie als Unterstützung zu verstehen und zu nutzen. Eine KI kann im Grunde nichts, außer effizient riesige Datenmengen zu durchforsten und die gefundenen Daten nach bestimmten Parametern zu verarbeiten. Der Mensch muss ihr sagen, wonach sie sucht, er muss die Aufträge erteilen und die Analysen kontrollieren.
Weitere Beiträge zu diesem Thema
Outplacement: der Erfolg kommt mit der Vermittlung
12. September 2024
Dank viel Praxis denken Lehrlinge schnell wie Profis
6. Dezember 2023
Yogamatten entstauben und mitmachen
23. November 2023
Mit Computer und Internet oder Stift und Papier?
9. November 2023